Writing Science

Kategorienbildung bei Kuckartz

Kategorienbildung nach Kuckartz: a priori oder am Material?

Nach Kuckartz steht die Kategorienbildung im Spannungsfeld von reiner Theorieorientierung und Empirieorientierung. Grundsätzlich lassen sich dabei die beiden Wege der Kategorien a priori und am Material unterscheiden, die in ihren Extremen den Polen der Theorie und Empirie entsprechen. In der Praxis der qualitativen Inhaltsanalyse trifft man aber selten auf eine solche Reinform: StudentInnen und Ghostwriter, die sich mit der Inhaltsanalyse beschäftigen, greifen oft auf eine Mischform aus der A-priori- und der Kategorienbildung am Material zurück.

A-priori-Kategorienbildung nach Kuckartz

Eine erste Möglichkeit der Kategorienbildung besteht Kuckartz zufolge in der Festlegung der Kategorien a priori. Kuckartz bezeichnet diesen Weg deshalb als a priori, weil die Bildung der Kategorien zeitlich vor der ersten Materialsichtung stattfindet. Demgegenüber merkt er an, dass der oftmals genutzte Begriff der deduktiven Kategorienbildung suggerieren würde, dass die Kategorien bereits durch bestehendes Wissen und ohne aktives Zutun der AnwenderInnen vorgegeben werden. Dies stimmt jedoch nicht, sodass die Kategorienbildung a priori auch eine aktive Transferleistung vom bereits bestehenden theoretischen Wissen auf das jeweilige Forschungsproblem erfordert. Zu den Anforderungen an die A-priori-Kategorienbildung zählt nach Kuckartz, dass die gebildeten Kategorien disjunkt (also trennscharf und überschneidungsfrei) und erschöpfend (also die Forschungsfrage möglichst vollständig abdeckend) sind.

Kategorienbildung am Material nach Kuckartz

Den Gegenpol zur theorieorientierten Kategorienbildung bildet die empirieorientierte Kategorienbildung, die sich auf das zu analysierende Material stützt. Auch hier steht Kuckartz dem geläufigen Begriff des induktiven Vorgehens kritisch gegenüber, da dieser Begriff suggerieren würde dass außer dem Material keine weiteren Voraussetzungen für das Vorgehen zu bestehen scheinen. Tatsächlich aber sind bei der Kategorienbildung am Material aber auch die Kreativität und die sprachliche Sensibilität der Anwender gefragt, sodass es sich um einen aktiven Konstruktionsprozess handelt. Im Unterschied zur A-priori-Kategorienbildung aber können für die Bildung am Material keine Intercodier-Verlässlichkeiten erwartet werden, da der Prozess zu subjektiv ist. Diese Forderung ist hingegen bei der Kategorienbildung a priori ein unverzichtbares Gütekriterium.

A priori oder am Material: eine Entscheidungshilfe

Ähnlich wie auch bei der Inhaltsanalyse nach Mayring, bei der zwischen induktivem und deduktivem Vorgehen zu wählen ist, stehen sich auch bei Kuckartz die Kategorienbildung a priori und die am Material gegenüber. Wie eingangs erwähnt, sind die jeweiligen Reinformen nur äußerst selten anzutreffen. Häufig wird eine Mischung beider Formen gewählt, die von dem Erkenntnisinteresse (vorhandenes Wissen in der Forschung), dem Material (Experteninterview, narratives Interview etc.) und dem Studienniveau der Anwender (gerade bei Bachelorarbeiten wird oft am Material/induktiv codiert; bei Master- und Doktorarbeiten eher a priori/deduktiv) abhängt. Falls Sie aktuell die Umsetzung einer Inhaltsanalyse nach Kuckartz planen und vor der Entscheidung stehen, welches Vorgehen für Sie das passende ist, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite!